WETTBEWERB
RATHAUS,
GREVEN
Die Leitidee des Entwurfs leitet sich aus der Umsetzung des Raumprogramms zu einem eindeutigen und wiedererkennbaren Gebäudeensemble ab. Innerhalb des Ensembles soll jede Nutzung gem. ihrer typologischen Anforderungen bedient werden und so dazu beitragen, neben einer hohen räumlichen Qualität auch eine wirtschaftlich nachhaltige Lösung zu bieten. Die Umsetzung der Idee erfolgt in Form von drei Haupthäusern und dem integrierten Mobilityhub als viertem Baukörper im Ensemble. Die drei Hauptfunktionen präsentieren sich dabei in Richtung Rathausplatz eindeutig ablesbar und schaffen den städtebaulich notwendigen Raum vor diesem relevanten Stadtbaustein der Grevener Innenstadt. Die Adressierung der Hauptfunktionen: Verwaltung und Bürgerangelegenheiten, Politik mit Trauung und Archiv sowie Bibliothek, in drei voneinander ablesbare Gebäudevolumen dient dabei der Orientierung innerhalb der Nutzung und im städtischen Gefüge. Im Erdgeschoss sind die öffentlichen Funktionen der drei Häuser miteinander verwoben. In den aufsteigenden Geschossen differenzieren sie sich und bilden ein Gefälle von öffentlichen zu halböffentlichen und anschließend rein internen Funktionen.
Die neue Adresse des Rathauses entlang der Straßen Rathausstraße und Münsterdamm wird durch ein Zurückrücken von der Rathausstraße und mehrere miteinander verbundene Platzangebote zwischen Rathaus und Rathausstraße gebildet. Der Rückversatz setzt den Neubau sowohl angemessen als auch repräsentativ in Szene und trägt dazu bei, Aktivitäten aus dem Rathaus auf den Platz zu bringen. Zusätzlich werden durch die größeren Freiflächenanteile multifunktionale Nutzungsangebote geschaffen. Vor dem Haus gelingt die Verbindung in Richtung Winninghoff-Pättken, Montargisplatz und Kirchstraße auf selbstverständliche Weise mit einem boulevardähnlichen Charakter, der bis in die Fußgängerzone hineinreicht. Durch das offene Erdgeschossfoyer führt die neue fußläufige Verbindung auf den „Hof zur Stadt“ in Richtung Hinter der Lake und Niederort. Das Foyer ist als städtischer Marktplatz gestaltet, der die Angebote des Rathauses niederschwellig zu den Bürgern der Stadt bringt. Der Bodenbelag des Außenraums zieht sich hier durch den Innenraum und unterstützt den städtischen Charakter.
Das nah herangerückte Parkhaus verliert durch die Integration in das Ensemble seinen rein funktionalen Charakter und wird als Stadtbaustein aufgewertet. Vor dem Haus entsteht ein Mobilityplatz für Fahrradfahrer. Durch das Parkhaus erschließen Nutzer einen Shortcut in Richtung hinterem Hof. Die Baukörperstellung und Fassadenausrichtung sind so auf die seitlichen und frontalen Bereiche des ZOB ausgerichtet, dass die Funktionen sich nicht gegenseitig beeinflussen.
Die Vorplatzbereiche differenzieren sich in verschiedene Angebote, darunter grün überstellte Verschattungsbereiche der Bestandsbäume am Auftaktplatz sowie multifunktionale Zonen mit Gastronomie, Zuwegungen und Freiflächen, die zum Aufenthalt und zur Nutzung einladen.
Die drei Hauptgebäude differenzieren sich in den Fassaden gemäß der inneren Ansprüche der Funktionsverteilungen. Die Verwaltungsbereiche erhalten eine Fassade auf Grundlage eines 1,35-m-Bürorasters mit der Möglichkeit für individuelle Verschattung, Blendfreiheit und Lüftung bei gleichzeitigem Ausblick über den offenen Platz. Die Erdgeschosszone springt als Kolonnadengang zurück, um einen überdachten und definierten Eingangs- und Gastronomiebereich zu bieten. Hier wechselt die ansonsten als leichte Blechfassade ausgeführte Hülle der Häuser in haptische Betonfertigteilpfeiler. Die Bibliothek präsentiert sich als offener Glasbau mit permanenter, außenliegender Lamellenverschattung als vorgehängtem Filter. Der Ratssaalbaukörper beschränkt sich auf zwei deutlich ablesbare Öffnungen: für den Ratssaal im Obergeschoss und den Trausaal im Erdgeschoss. Neben der Baukörperstellung und der formalen Ablesbarkeit unterstreichen die Fassadentypen den individuellen Anspruch der einzelnen Häuser. Die Zuwegung von der Rathausstraße oder Hinter der Lake erfolgt immer frontal über den mittleren Hauptbaukörper. Das Foyer im Erdgeschoss dient als zentraler Verknüpfungspunkt aller Funktionen. Hier erfolgen in hoher Aufenthaltsqualität und in hellen Räumen die Information und Orientierung im Haus.
Die Zonierung der Funktionen – von öffentlich über halböffentlich zu intern – erfolgt zwiebelartig vom Foyer aus, begleitet vom zentralen Atrium, das quer zur städtischen Durchwegung des Hauses liegt. Das glasüberdachte Atrium bildet den zentralen Orientierungspunkt. Alle internen Bereiche der Verwaltung sind hierarchisch und räumlich von den öffentlich zugänglichen Bereichen getrennt, jedoch über kurze Wege und Türschließungen mit diesen verknüpfbar. Die Verwaltungsebenen orientieren sich rund um das zentrale Atrium, wobei die Team- und Kommunikationszonen vorwiegend im Inneren platziert sind. So entsteht eine hohe sichtbare Verknüpfung der internen Funktionen, ohne die Arbeitsplatzbereiche zu stören. Die Fachbereiche und Dezernate sind jeweils als Cluster aus Arbeitsplatzbereichen, Teamflächen, Kommunikationszonen und zugehörigen Besprechungs- und Beratungsräumen organisiert.
Die kompakte Bauweise, der außenliegende, individuell steuerbare Sonnenschutz in den Bürobereichen und die Überstände am zentralen Eingangsbereich tragen zur hohen Energieeffizienz und Behaglichkeit bei. Freie Windstraßen bleiben durch die städtebauliche Grundform gewährleistet. Die Integration einer flächendeckenden Photovoltaikanlage zur Eigenstromerzeugung ist sowohl auf der obersten Ebene des Parkhauses als auch auf Teilen der Flachdächer und den südwestlich ausgerichteten Steildachflächen möglich. Die massive Betonkonstruktion des Erdgeschosses wird zur Nachtauskühlung und anschließenden Speicherung herangezogen. Das Atrium übernimmt dabei einen ventilierenden Effekt. Die Wärmeerzeugung wird in weiteren Schritten erarbeitet. Die kompakte Ausdehnung des Neubaus ist jedoch jeder möglichen technischen Lösung förderlich.